NOOCHRICHTE 51 (März 1998)

Ohne Ausweis keine Fahrt mehr

Seit 10. Februar transportiert die IVB/TIXI-Allianz keine Fahrgäste mehr ohne ärztliches Zeugnis

ms. Nach dem bisherigen System zahlen die Kantone 300 Franken jährliche Subvention pro Fahrgast für die Behindertentransport-Allianz Die Gelder fliessen allerdings nur für Personen, die ihre Behinderung von einem Arzt bestätigen lassen. Weil viele Passagiere dies aber versäumen, droht ihnen nun ein Ausschluss bei IVB und TIXI.

Einer der Gründe, warum von den bisher 4'500 registrierten Fahrgästen erst 2'400 den geforderten Ärzteausweis zurückgeschickt haben ist sicher, dass viele Personen mit einer offensichtlichen Behinderung wie zum Beispiel Beinamputierte oder Gelähmte, den Sinn des Ausweises nicht mehr einsehen.

Es geht aber bei diesem offiziellen Papier der Koordinationsstelle Behindertentransporte beider Basel (KBB) nicht darum, eine Behinderung zu beweisen.

Das KBB-Zeugnis ist lediglich eine administrative Massnahme, mit der die kantonale Subvention von 300 Franken der Kantone Basel-Stadt und Baselland generiert wird.

Ein weiterer Grund für die Versäumnisse ist der Glaube vieler Betagten, ihren Ausweis erst gerade erneuert zu haben.

Die alten Zeugnisse der Jahre 96 und 97 sind jetzt aber nicht mehr gültig!

Schliesslich gibt es unter den Fahrgästen auch etliche, die nicht mehr auf einen Behindertentransportdienst angewiesen sind, dieses aber weiterhin benützten in der Hoffnung, niemand würde es merken. Für uns als Betreiber der Transportdienste bedeutet dieses Versäumnis unserer zahlreichen Kunden ein existentielles Problem.

Der Kanton zahlt pro Einwohner 300 Franken Subvention an das Umweltschutz-Abonnement des TNW, für Behinderte und Betagte, die auf einen Spezialtransport angewiesen sind, wird dieser Betrag der IVB/TIXI-Allianz ausbezahlt. Dies geschieht aber nur dann, wenn die Behinderung ärztlich bescheinigt wird.

Die KBB verschickte deshalb aufgrund ihrer eigenen Mitgliederdatei und derjenigen der INVALIDEN-VEREINIGUNG beider BASEL (IVB) im November allen bisherigen Benützern einen leeren Ausweis mit der Anweisung, sich damit beim Arzt die Behinderung, die den Spezialtransport erfordert, bestätigen zu lassen.

Für uns ist dieses Vorgehen keine behördliche Schikane!

Es geht darum, Veränderungen zu erfassen, zum Beispiel Todesfälle oder Personen, die nicht mehr auf einen Transportdienst angewiesen sind. Die Frist für das Zurücksenden der signierten Zeugnisse lief am 20. Dezember 1997 ab. Aber auch über drei Monate nach Ablauf des Termin sind lediglich 2'400, knapp die Hälfte der erwarteten KBB-Ausweisen, eingetroffen. Damit droht den beiden Anbietern IVB und TIXI ein Einnahmenausfall von mehreren hunderttausend Franken.

Den Leitungen der Behindertentransporte bleibt im Moment nichts anderes übrig, als an die Solidarität der restlichen Behinderten zu appellieren.

&laqno;Seit Mitte Februar werden nur noch Personen transportiert, die über einen Ausweis Jahrgang 1998 verfügen», lautet die Massnahme der KBB. Das haben die säumigen Passagiere in den vergangenen Wochen auch in einem Brief mitgeteilt bekommen.

So konsequent ging man weder beim TIXI noch bei der IVB bisher gegen Schwarzfahrer vor. Früher waren wir eher lasch mit dem Zeugnis, deshalb haben unsere Behindertentransporte auch Verluste eingefahren und der TIXI-Behindertentransport stand vor wenigen Jahren sogar vor dem Kollaps.

In einem Punkt sind wir allerdings mit dem KBB-Ausweis nicht zufrieden!

Es ist unverständlich, warum die beiden Ärztegesellschaften der Basler Kantone, trotz unserer Anfrage und Bitte um Unterstützung, das Zeugnis für honorarpflichtig erklärt haben. Im Gegensatz zum KBB-Zeugnis kostet beispielsweise das SUVA-Zeugnis nichts. Uns ist natürlich klar, dass sich die betroffenen Behinderten, die zum Teil bis zu zehn Ausweise besorgen müssen, über die 24 zusätzlichen Franken für den KBB-Ausweis ärgern.

In der Basellandschaftlichen Zeitung war dazu zu lesen:

&laqno;Bei der Baselbieter Ärztegesellschaft weiss man allerdings nichts von einem einheitlichen Honorar für das Zeugnis. Es ist den Ärzten überlassen, ob sie für die Ausstellung des Ausweises etwas verlangen, betont Präsident Roland Schwarz. Da können wir von der Ärztegesellschaft gar keine Vorschriften machen.»

Leistungsabbau steht bevor

Wenn sich die Anzahl der KBB-Arztzeugnisse in den nächsten Wochen nicht markant &laqno;nach oben» verändert, dann sind die beiden Transportanbieter gezwungen, das Leistungsangebot massiv einzuschränken.

Bis jetzt sind lediglich etwa 50% der &laqno;alten» Arztzeugnisse erneuert worden. Die Konsequenz daraus ist, dass auch lediglich 50% der kantonalen Mittel zur Verfügung stehen werden. Die beiden Transportdienste müssten in diesem Fall das Leistungsangebot um 50% reduzieren.

Was dies für die Betroffenen bedeutet, kann sich wohl jeder vorstellen.

Falsches Finanzierungs-System?

Mit Recht muss man sich heute natürlich fragen, ob es richtig ist, dass die Unterstützung der Behindertentransportdienste durch die Kantone mit einem &laqno;Pro Kopf-Beitrag» von 300 Franken geregelt ist.

Die Erfahrungen der letzten 6 Jahre, seit es die KBB gibt, zeigt eigentlich ein deutliches Bild:

Mit den jährlich zur Verfügung gestellten 1,2 bis 1,4 Millionen Franken konnten bisher rund 30 % aller Transporte und rund 70% der &laqno;KBB berechtigten Fahrten» mitfinanziert werden.

Zur Erklärung:

Die IVB/TIXI-Allianz hat insgesamt rund 250'000 Transporte pro Jahr durchgeführt.

Von diesen 250'000 wurden rund 30% durch die KBB mitfinanziert, 55% wurden durch fremde Kostenträger (IV, SUVA, Tagesspitäler, etc.) finanziert und die restlichen 15% mussten mit Spenden, Zuwendungen, Legate, etc. abgedeckt werden.

Von den erwähnten 250'000 Transporten wären rund 100'000 KBB-Berechtigt, aber lediglich 65'000 wurden von der KBB jeweils mitfinanziert (nicht 100% kostendeckend!). Die restlichen 35'000 Transporte werden durch die IVB/TIXI-Allianz «eigenfinanziert».

Es wäre also durchaus realistisch, diese bisherigen Unterstützungsbeiträge, im Sinne eines Globalbudgets, zur Verfügung zu stellen und vom bisherigen System der «Pro Kopf-Finanzierung» wegzukommen.

Die grosse Gefahr und Schwierigkeit im jetzigen System liegt darin, dass wir Anfangs Jahr nicht wissen, wieviel Geld bis Ende Jahr zur Verfügung steht!

So können wir weder ein vernünftiges Budget erstellen, noch können wir das bisherige Leistungsangebot aufrecht erhalten. Sind Anfangs Jahr, wie es jetzt der Fall ist, &laqno;zuwenig» Berechtigte registriert, so sind wir gezwungen, das Leistungsangebot sehr rasch abzubauen, um nicht zuviel Kosten (= Verlust) zu produzieren, was neben dem Ärger für die Benutzer auch Arbeitsplätze «kosten» kann.

Kommen aber im Verlaufe des Jahres doch noch die restlichen Arztzeugnisse (und das weiss vorher niemand), müssen im schlimmsten Fall, nicht benötigte Gelder zurückgeben!

Politiker gefordert

Eine Änderung dieses Systems kann aber nur auf dem «politischen Parkett» erfolgen. Hier sind die Mitglieder des Grossen Rat und des Landrat gefordert. Nur sie können eine Änderung von der «Pro Kopf-Finanzierung» zum Globalbudget anregen und realisieren.

Mitteilungen / Ergänzungen: eMail: ivb@ivb.ch

IVB / 08.01.2003